Sonntag, September 30, 2012

Die neuen Clubs

Wer hat sich nicht schon drüber geärgert, wenn die Abramowitschs, Glacers und Scheichs Al-Was-Weiß-Ichs nach und nach die Fußballclubs unseres Herzens mit unbeschreiblich viel Kohle aufkaufen, weil ihnen ihre alten Spielzeuge langweilig geworden sind. Um dann nach Gutsherrenart für noch mehr Geld wahllos vermeintliche Superstars aus aller Welt einzukaufen und damit unsere Herzenssache zu einer Ansammlung von Söldnern und Millionarios machen.

Schlimm genug, dass zum Überleben mittlerweile die Stadien nicht mehr Alm, Horeb oder Rote Erde heißen, sondern Schüko-AWD-HSH-Nordbank-Arena. Schrieb doch kürzlich ein (vermeintlich jüngerer) HSV-Fan von der "guten alten AOL-Arena" - Schlimme Verfehlung!

Aber mittlerweile gibt es zum Glück einige Fans, die dieses Spiel der gnadenlosen Kommerzialisierung nicht mehr mitgemacht haben. Beispielhaft seien die Anhänger von Austria Salzburg (1933 gegründet) genannt. Als nach der Umbenennung des Vereins in Fat-Bull Salzburg 2005/2006 der neue Eigentümer auch die lila-weißen Vereinsfarben abschaffte und durch Rot-Blau-Silber ("Fat Bull verdient Prügel") ersetzte, die Fans in den alten Austria-Trikots nicht mehr ins Stadion ließ, da sagte der damalige Trainer Kurt Jara "Diese Fans gehen mir schon auf die Nerven, die sind vor zehn Jahren noch in kurzen Hosen gegangen und reden von Tradition. Wenn sie einen violett-weißen Klub wollen, dann sollen sie einen gründen".
Genau das machten die dann auch. Nach einem kurzen Gastspiel in Fusion mit dem viertklassigen PSV/SW Salzburg beschloss man die Eigenständigkeit und den Neuanfang in der untersten Klasse. Es folgten Spiele vor tausenden Fans in der Kreisklasse - und Aufstieg um Aufstieg. Mittlerweile hat man sich in der Regionalliga West (3.Liga) etabliert. Na also - geht doch!

Den Menschen, denen diese Geschichte gefällt, empfehle ich die folgenden Vereinsgeschichten ähnlicher Machart:

AFC Wimbledon
FC United of Manchester
AFC Liverpool
Ebbsfleet United


Hier findet man eine Auflistung aller Vereine der Welt, die von Fans geführt werden.

Hier in Deutschland gilt seit jeher die Auflage, dass jeder Club zu mindestens 51% von den Mitgliedern bestimmt werden muss - und das ist auch gut so. Ausnahme sind lediglich die Werksmannschaften, z.B. Volkswagen Wolfsburg oder Bayer Leverkusen, bei denen der Konzern die komplette Macht hat und die dementsprechend nur betriebswirtschaftlich als Marketinginstrument für die Konzerne benutzt werden. Negativbeispiel waren die Uerdinger Kicker, die im Europapokal kräftig für den Pharmariesen Bayer werben durften, die jedoch, als der Erfolg nachließ, schneller abgestossen wurden als sie sich konsolidieren konnten.

Die Versuche des Herrn Mateschitz, auch in Deutschland das oben aufgeführte Beispiel Salzburg in Leipzig zu wiederholen, kamen immerhin soweit, dass der Vereinsname des SSV Markranstätt in RB Leipzig geändert werden konnte, wobei mit RB natürlich jeder den Namen der unsäglichen Puffbrause verbindet, die diesen Herrn zum Milliardär gemacht hat.

Ich muss gestehen, dass ich meine Schadenfreude kaum verbergen konnte, als kürzlich die Salzburger Red-Bull-Truppe gegen die Freizeitfußballer aus dem luxemburgischen Düdelingen aus der Champions League flog und es hieß: Red Bull bezieht Prügel! Manchmal schießt Geld wirklich keine Tore.

1 Kommentar:

starman hat gesagt…

Schöner und wichtiger Beitrag, denn die Amerikanisierung unseres Sportbetriebes schreitet auf gar nicht mehr so leisen Sohlen voran. Zur Erläuterung: der Profisport in den USA kennt kein Auf- und Absteigen, alle MajorLeague/NFL/NBA Teams sind reine Profi(t)betriebe, die wie eine Franchise verkauft und an einem anderen Standort wieder weiterbetrieben werden können. Die Standortwahl könnte man mit der des Bochumer Nokiawerkes vergleichen. Da wurde ja auch gefragt: was ist die schönste Stadt, die es gibt? Und da fiel die Wahl auf Bochum ;)

Im Ernst, da werden Stadien gebaut die 1Mrd kosten und die Städte müssen kräftig mit ran. Ob das Team dann wirklich erfolgreich ist oder nicht, ist zweitrangig, Hauptsache ein Profiteam im Haus und den Standort aufwerten.

Es wäre allerdings unredlich zu behaupten, dass die Teams den Menschen nicht genauso ans Herz wachsen können wie hier. Die GreenBay Packers z.B. zu verkaufen wäre undenkbar, auch weil das Team den Menschen der Region "gehört" die wie wild Anteile gekauft haben. Andere Teams wie die Colts oder die Rams wurden im Laufe ihres Lebens ein paar mal verkauft und die "verlassenen" Fans hassen den jeweiligen "Owner" vom Grunde ihres Herzens.

Ich finde auch, dass man in diesem Zusammenhang, die in der Sache guten Intention von Herrn Hopf anerkennen muss. Der hat "seinen" Verein groß gemacht, in dem er einst als Mittelstürmer spielte und dem er immer die Treue hielt. Und es wäre auch unredlich, ihm vorzuwerfen, dass es "nur" um das Bundesliga-Club ginge. Die Strukturen dahinter (Jugendarbeit, II. Mannschaft, 1a Stadion) sind (OK, mit seiner finanziellen Unterstützung) hervorragend und so mancher Verein wird sich fragen, warum es ihnen, trotz lang anhaltender sportlicher und finanzieller Erfolge nicht gelungen ist, etwas nachhaltiges zu schaffen. Geld alleine reicht offensichtlich nicht, sonst wäre Rot-Weiß Essen heute ein Spitzenclub.

Auf dem Sprung nach ganz oben wird auch in den remakes der Traditionsclubs die Frage aufkommen, wie weit man denn nach oben kommen will und wieviel Seele man an den Teufel verkaufen will. Ich denke, für ein Aufsteigen bis in die dritte oder zweite Reihe können die "Ruhm und Ehre" Etikette noch herhalten aber danach braucht es neue Denkmodelle, die Spieler und Berater davon überzeugen, dass es sich lohnt, für "ehrlichen" Fussball auf ein paar Euronen zu verzichten. Vielleicht müssen es js so viele gar nicht sein und das Füllhorn der nationalen Ligen und Euro-Wettbewerbe schüttet ja über allen aus.

tl;dr:
Ich finde es gut, dass es diese neuen Bewegungen gibt, die klarmachen, dass echte Fans nur sich selber gehören und Vereine nicht gekidnappt werden können. Um nachhaltigen Profifußball mit solchen basisdemokratischen Vereinen bieten zu können, braucht es sicher noch viel Kreativität und gute Ideen. Aber: der Anfang, der schwere, ist gemacht.